Geschichte der Gräfin Cosel
geb. 17.10.1680 in Depenau
gest. 31.03.1765 in Stolpen
Die kluge und schöne Anna Constantia von Brockdorff wurde im holsteinischen Depenau geboren. Sie entstammt einem alten Adelsgeschlecht des Joachim von Brockdorff und seiner Frau Anna Margarethe, Tochter des reichen Hamburger Kaufmanns Leonhard Marselis. Anna Constantia erhielt eine umfassende Ausbildung. Sie lernte mehrere Sprachen, erhielt Unterricht in Mathematik und in klassischer Bildung, ritt und liebte leidenschaftlich die Jagd. Um die höfische Ausbildung zu vervollkommnen, wurde sie in früher Jugend Hoffräulein im herzoglichen Schloss Gottorf bei Schleswig und später in Wolfenbüttel. Eine uneheliche Schwangerschaft - möglicherweise von Prinz Ludwig Rudolf, dem jüngeren Bruder des Erbprinzen - beendete ihren Aufenthalt am Hof. Der Verbleib ihres Kindes ist unbekannt.
Im Sommer 1703 heiratete sie den sächsischen Geheimen Rat und Obersteuerdirektor Adolf Magnus Freiherrn von Hoym und folgte ihm nach Dresden. Doch die Ehe war bereits nach kurzer Zeit zerrüttet. 1705 reichte Hoym die Scheidung ein.
August der Starke wurde bereits am 7. Dezember 1704 bei einem Brand im Palais Hoym auf Constantia aufmerksam und wählte sie, nach anfänglichem Zögern, zur Mätresse. Als solche wurde sie im Februar 1706 durch den Kaiser zur Reichsgräfin Cosel (nach einem in Holstein liegenden Gut, das ehemals im Besitz ihrer Eltern gewesen war).
Mätressen besaßen fast alle Herrscher des Barocks. Meist bildeten sie den Mittelpunkt des Hofes und standen im Rang sogar über den Ministern. Die Cosel avancierte rasch zur ersten Dame des Dresdner Hofes. Augusts Gemahlin Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth spielte nur noch eine untergeordnete Rolle. Pompöse Geschenke bekam die Mätresse. Der Kurfürst ließ für sie das Taschenbergpalais unweit des Schlosses errichten und vermachte ihr Schloss Pillnitz.
Drei Kinder gebar die Cosel dem Kurfürsten, für die er stets sorgte: 1708 Augustine Constantine Gräfin von Friesen, 1709 Friederike Alexandrine Gräfin Moszynsky und 1712 Friedrich August von Cosel.
Die Cosel war aber nicht nur außergewöhnlich schön, sondern auch ehrgeizig. Sich ihrer Macht über den König bewusst, drängte sie darauf, Fürstin zu werden. August lehnte ab, unterzeichnete aber eine Urkunde, in der er versicherte, die Gräfin Cosel zu heiraten, wenn seine Ehefrau Christiane Eberhardine stürbe.
Doch am Hof machte sich die Cosel viele Feinde. Sie galt als hochmütig und deckte Verfehlungen der Minister auf. Als die Reichsgräfin mit dem Kurfürsten nicht mehr nur das Bett teilen wollte, als sie zu intrigant und ehrgeizig geworden war, fiel sie 1713 in Ungnade. Besonders ihr Versuch, die Polenpolitik zu beeinflussen, stieß auf Widerstand. Der Kurfürst im protestantischen Kernland Sachsen kämpfte ausdauernd um die Wiedergewinnung des Königstitels im katholischen Polen, den er nach der Niederlage gegen die Schweden im Großen Nordischen Krieg verloren hatte. Er scheute sich auch nicht, aus reinem Machtstreben zum Katholizismus überzutreten. Zur Durchsetzung seiner politischen Ziele in Polen gewann zudem eine neue polnische Mätresse für August an Bedeutung. Er entschied sich schließlich für Maria Magdalena Gräfin Dönhoff.
Damit war das Schicksal der Cosel besiegelt. Zunächst versuchte August über Verhandlungen eine Trennung zu erreichen. Doch die Cosel erpresste den Kurfürsten und wollte das schriftliche Eheversprechen nicht herausgeben. 1715 war ihre Position am Hof so weit geschwächt, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sah und verzweifelt nach Preußen floh. Im November 1716 wurde sie jedoch von Preußen ausgeliefert und nach Schloss Nossen verbracht. Weihnachten 1716 kam die Cosel auf die Burg Stolpen. Das Zeughaus wurde ihr Wohnquartier, später dann der Johannisturm.
Auch nach dem Tod Augusts des Starken erlangte sie nicht die Freiheit. Sie verbüßte insgesamt 28 Jahre Haft und lebte freiwillig weitere 21 Jahre auf Stolpen, bis sie im Alter von 84 Jahren starb.